NEUES AUF VINYL
O
„S chw arzhörern" e m p fieh lt STEREO
m onatlich die besten Schallplatten
des „Schw arzm arktes"
Johnny Burnette
JOHNNY BURNETTE &
THE ROCK N' ROLL TRIO
Beat Fam
ily LP
, erhältlich bei bear-fam
ily.de
John Lennon war einer seiner größ-
ten Fans. Nicht w eil Johnny Burnette
es in den frühen
6
oer-Jahren m it
Hits wie „D ream in’“ und „You’re
Sixteen“ fü r eine kleine Weile zum
Teenie-Idol gebracht hatte, sondern
w eil er ihn als Rockabilly-Pionier
schätzte. Als Lennon im Juli
19 63
m it seinen Kollegen für die BBC eine
hinreißende Version von „Lonesome
Tears In My Eyes“ einspielte (leider
g ib t es keine Studioaufnahm e),
hatte der G itarrist gerade mal noch
ein Jahr zu leben: Am
1
. August
1964
starb Johnny Burnette bei einem
Bootsunfall. Aber auf Songs wie das
m it Bruder Dorsey fü r die Debüt-LP
geschriebene „Rock Billy Boogie“
kamen nachgeborene Bewunderer
später genauso zurück w ie auf
ihre E inspielung von „The Train
Kept A-R ollin’“ , ein Evergreen im
Repertoire der Yardbirds. Skrupel
plagten G itarrist Jeremy Spencer
nicht, als er für die Fleetwood Mac-
LP „Kiln House“ einen Song m it dem
Titel „H i Ho Silver“ einspielte, der
notengetreu (!) nichts anderes war
als „Honey Hush“ im Rockabilly-Ar-
rangem ent auf der LP des Rock 'n'
Roll Trio - dort aber ehrlicherweise
im Kleingedruckten als Komposi-
tion des berühm ten Big Joe Turner
ausgewiesen!
Während Sam Phillips die Karriere
von Jerry Lee Lewis
19 5 7
so richtig in
die Gänge bringen konnte, schaffte
es Decca Records einfach nicht, den
Burnette-Brüdern aus Memphis und
ihrem famosen Gitarristen Paul Bur-
lison zu mehr als lokaler Popularität
zu verhelfen. (Burlison produzierte
diesen legendären „Fuzz“ -Sound
seiner Gitarre m ittels etwas lockerer
Röhre in seinem Verstärker.) Im sel-
ben Jahr löste sich das Trio frustriert
auf. Im Lauf der Jahrzehnte immer
w ieder m al als ein Klassiker der
Rockabilly-Ära wiederveröffentlicht,
liegen die Aufnahmen hier in prak-
tisch perfekter Pressung vor.
Franz S ch ö le r
Benjamin Britten
NOCTURNE
London/Decca, ORG
2 LPs, sieveking-sound.de
Zum Allerheiligsten der Bewunderer
Benjamin Brittens gehört „N octur-
ne“ , das der Komponist fü r seinen
Lebensgefährten und Tenor Peter
Pears schrieb und das sich um Nacht
und Schlaf dreht. Beide Künstler
treten auf dieser
1965
eingespielten
Platte auf: Britten als Dirigent des
London Symphony Orchestra, Pears
als Sänger. Deshalb g ilt sie als
letztgültige Nocturne-Interpretation
- genauso wie für die hier ebenfalls
gebotenen vier Zwischenspiele und
der Passacaglia aus der düsteren
Britten-Oper „P eter Grimes“ .
Das rechtfertigt für die auf höchst-
wertige Neuauflagen spezialisierte
O riginal Recordings Group (ORG),
die Werke als Doppel-LP m it
45
Um-
drehungen vorzustellen. W ir vergli-
chen diese m it einem
3 3
er-Reissue
aus
19 9 9
. Und siehe da: A uf den
schn eller drehenden Scheiben
klingt das Orchester räumlicher, ist
die W iedergabe erheblich d e ta il-
reicher und aufgefächerter sowie
während lauter Passagen vollkom -
men unangestrengt. Der klangliche
Abstand ist so deutlich, dass die
Anschaffung des satte
75
Euro te u -
ren, dafür jedoch auch erstklassig
gefertigten
4 5
er-Doppels für audio-
phil orientierte Britten-Fans absolut
lohnt.
M a tth ia s B öde
Mike Oldfield
TUBULAR BEATS
Eat Music/Edel LP
, erhältlich bei vinylkatalog.de
Ich gestehe, dass ich M ike O ld-
field
schon
lange bew undere.
Alles begann dam it, dass ich eine
Dokum entation über sein w ohl be-
kanntestes Album „Tubular Bells“
sah, fü r das er Dutzende Instru-
m ente selbst (!) eingespielt hatte.
M ein Neid als Klavierschüler war
ihm sicher.
TJBULAR BEATS
HIKE O LD FIE LD
Nunm ehr nutzt der eher scheue
und m ittlerw eile auf den Bahamas
beheim atete Künstler den Namen
seines M eisterw erks in abgeän-
derter Form, um neue Mixes einer
w e it
da rübe r
hinausgehenden
W erkschau von
1 9 7 2 -2 0 1 3
abzu-
liefern. U nterstützt vom in S tu-
d iotechnik bew anderten Torsten
Stenzel erarbeitete sich O ldfield
die Neuauflage von Hits wie das
aus der W DR-Schlagerrallye s a tt-
sam bekannte „M oonlight Shadow“
sowie „To France“ , „G u ilty“ , „Om-
madawn“ oder „Never Too Far“ . M ir
persönlich fehlen ein paar Titel,
etwa das instrum entale „W onderful
Land“ oder „Shadow On The W all“
m it dem unvergleichlichen Roger
Chapman, aber dennoch muss
man dieses Album als Fan einfach
besitzen.
Die Neuversionen, bei denen eini-
ge Passagen, aber auch nicht mehr
im O riginal verfügbare Sam ples
und Geräusche, etwa M onologe
oder die Kirchenglocken in „Far
Above The Clouds“ , neu eingespielt
wurden, haben etwas Eigenständi-
ges und klingen - wen w undert’s
beim perfektionistischen Protago-
nisten - sehr gut bis exzellent. Auch
wenn das manchen Hardcore-Fans
nicht im m er schmecken wird und
diese die Remixes als Sakrileg ver-
urteilen werden. Die Urversionen
verschwinden deswegen ja nicht.
Fertigungstechnisch wie klanglich
ist „T ubu la r Beats“ überdurch-
schnittlich gut gelungen und m u-
sikalisch ohnehin „e in M uss“ .
Tom F rantzen
Trini Lopez Trio
TRINI LOPEZ AT PJ’S
Reprise/Exhibit, erhältlich bei audikron.com
Freunde des Vinyls, Eure nächste
Som m erparty ist gerettet! Bei der
M usik dieses Reissues einer Schei-
be m it Live-Aufnahmen aus
19 6 3
von Trini Lopez und seinem Trio
im berühm ten Club „PJ’s“ , damals
einer der angesagten Hotspots Hol-
lywoods, geht schon nach kurzem
Anlauf jeder mit. Kein Wunder, denn
da brennt förm lich die Luft. Lopez,
der in Trinidad geborene Sohn
m exikanischer Eltern, zündet ein
Feuerwerk der Stimmungskracher.
„Am erica“ , „La Bamba“ , „ If I Had
A Ham m er“ , „G ranada“ , „C ielito
Lindo“ , „This Land Is Your Land“
und was dergleichen m ehr schon
damals den Leuten Laune machte,
hier wird es abgefeiert.
Und das P ublikum geht vom
ersten Song an ric h tig m it. Na
klar, PJ’s Gäste waren da, um
sich zu am üsieren - und kamen
offensichtlich voll auf ihre Kosten.
Zum Teil ersetzten sie den Back-
ground-C hor und w iede rho lten
- sogar einigerm aßen im Tim ing -
die bekannten Refrainzeilen. Dann
w ieder w urd’s w ilder und lärmiger.
Insgesamt ein Riesenspaß, bei dem
der Funke auch
50
Jahre später
noch überspringt.
Sie w ollen auch mitsingen? Kein
Problem, das Klapp-Cover der von
Kevin Gray bei Cohearent Audio
e rstklassig rem asterten und in
Chad Kassems Presswerk Q uality
Records makellos gefertigten LP lie-
fert sämtliche Texte. Für Audiophile:
Die akustische Perspektive gleicht
einer wie vom VIP-Balkon, denn
die Bühne liegt im kurzen Abstand
vor dem Hörer, davor tum m elt sich
das Publikum . Man ist dabei und
behält doch die Übersicht. Ansons-
ten ist der Klang ganzheitlich, aber
hervorragend durchhörbar. So wird
„Trini Lopez At PJ’s“ zum rundum
gelungenen Vergnügen - und das
gerne auch bei der Pärchen-Party
auf dem Sofa.
M a tth ia s Böde
STEREO 3/2015 119
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